Zur Ratspräsidentschaft Belgiens in der Europäischen Union

© European Union, 2024
Die EU-Ratspräsidentschaft innezuhaben bedeutet, eine der wichtigsten EU-Institutionen zu leiten. Der Rat der Europäischen Union verantwortet zusammen mit dem Europäischen Parlament die Gesetzgebung (Legislative) der EU. Hier ist also der Ort, an dem europäische Gesetze verhandelt und verabschiedet werden. Die Ratspräsidentschaft wechselt turnusmäßig alle sechs Monate zwischen den Mitgliedstaaten. Am 01.01.2024 hat nun Belgien den Vorsitz über den Rat der EU von Spanien übernommen.
Der Rat der Europäischen Union ist zwar formell ein einziges Organ, er besteht jedoch aus verschiedenen Ratsformationen. Diese setzen sich wiederum aus den zuständigen Minister:innen der unterschiedlichen Ressorts der Mitgliedstaaten zusammen. Insgesamt gibt es zehn verschiedene Ratsformationen, wie etwa für Umwelt, für Justiz und Inneres oder Wirtschaft und Finanzen, in denen die jeweiligen Minister:innen zusammentreffen. Als Ratspräsident übernehmen die belgischen Minister:innen jetzt die Leitung in den meisten Ratsformationen. (Die Formationen für Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung und Entwicklungszusammenarbeit bilden hiervon eine Ausnahme, sie werden permanent vom „Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik“, Josep Borrell, geführt.)
Die primäre Aufgabe des Mitgliedstaates mit der Ratspräsidentschaft ist die „Agenda-Setzung“. Das heißt, für das nächste halbe Jahr werden Politiker:innen des Landes Belgien bestimmen, welche Themen im Rat der Europäischen Union behandelt werden. Dadurch hat das Land mit der Ratspräsidentschaft einen großen Einfluss darauf, welche Gesetze verabschiedet werden. Mindestens genauso wichtig ist aber auch die Rolle, als Moderator die Entscheidungsprozesse im Rat so konstruktiv zu steuern, dass am Ende des Präsidentschaftszeitraums gute Ergebnisse und substanzielle Fortschritte zu verzeichnen sind – hierzu muss eine Präsidentschaft hin und wieder auch eigene Interessen zurückstellen. Außerdem sorgt der Vorsitz des Rates für die Kontinuität und den reibungslosen Ablauf der Arbeiten im Rat und für die Vermittlung zwischen EU-Institutionen und den Mitgliedstaaten.
Bevor Belgien die Ratspräsidentschaft am 01.01.2024 übernahm, hatte Spanien den Vorsitz inne, nach Belgien wird Ungarn die Präsidentschaft übernehmen. Dies spielt deshalb eine Rolle, weil turnusmäßig die drei Länder, deren Ratspräsidentschaft aufeinander folgt, ein gemeinsames Konzept für 18 Monate entwerfen. Dieses Konzept ist die Grundlage für die Agenda der jeweiligen Ratspräsidentschaften, das so genannte „Trio-Programm“. Das jeweils vorsitzende Land kann für seine Ratspräsidentschaft aber seine eigenen Prioritäten setzen
Das Motto der belgischen Ratspräsidentschaft lautet „Schützen. Stärken. Vorausschauen.“. Die von Belgien und im Trio-Programm festgelegten Ziele sind unter anderem
- der Schutz von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Frieden,
- die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der EU,
- die Stärkung der Sozial- und Umweltagenda,
- der Schutz von Grenzen und Menschen,
- ein grüner Übergang und
- die Förderung eines globalen Europas.
Um diese Ziele zu erreichen, sind in den nächsten 6 Monaten mehr als 500 informelle und rund 2000 formelle Tagungen geplant. Dazu gehören Treffen nationaler Vertreter:innen im Rat, der Austausch mit Diplomat:innen aus den Mitgliedstaaten sowie Minister:innen-Treffen und das Zusammenkommen der Regierungschef:innen der Länder.
Eine Besonderheit der Ratspräsidentschaft Belgiens ist, dass in dieses Halbjahr die Europawahl fällt, die in den 27 Mitgliedstaaten im Zeitraum vom 06. Juni bis 09. Juni 2024 stattfindet – in Deutschland fällt der Wahltermin auf den 9. Juni.
Die alte Zusammensetzung des EU-Parlaments wird Ende April zum letzten Mal zusammenkommen. Dadurch verkürzt sich der Zeitraum, in dem unter belgischer Führung Gesetze verabschiedet werden können, da das Europaparlament im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zusammen mit dem Rat der EU über Gesetze entscheidet.
Autor:innen: Referat für Europapolitische Angelegenheiten