Verbindliche Mindeststandards für nationale Gleichbehandlungsstellen
Mit der Einigung der Verhandlungsführer:innen des Europäischen Parlaments und des Rates auf neue Antidiskriminierungsvorschriften werden nun neue Mindeststandards für die nationalen Gleichbehandlungsstellen eingeführt. Mit ihrer Arbeit unterstützen sie als öffentliche Einrichtung Diskriminierungsopfer, begleiten ihre Probleme, berichten über diese und leisten Sensibilisierungsarbeit innerhalb der Gesellschaft. Die Stärkung der Gleichbehandlungsstellen durch ein einheitliches Mindestmaß an Schutz vor Diskriminierung für alle Menschen innerhalb der EU soll sich positiv auf die Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung im Alltag auswirken.
Im Jahre 2000 wurden die EU-Mitgliedsstaaten erstmals mit der Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse dazu verpflichtet, nationale Stellen zur Förderung der Gleichbehandlung zu benennen. Das Europäische Netz der Gleichbehandlungsstellen bringt dabei nationale Gleichbehandlungsstellen zusammen und koordiniert die einheitliche Anwendung des EU-Rechts durch den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den Mitgliedsstaaten. Insgesamt vereint das Netzwerk 46 Organisationen aus 34 europäischen Ländern, die sich zum Beispiel für die Gleichstellung von Frauen und Männern einsetzen.
Bisher wurden den Mitgliedsstaaten bezüglich der Struktur und Arbeitsweise der nationalen Gleichbehandlungsstellen großes Ermessen eingeräumt, weshalb es erhebliche Diskrepanzen hinsichtlich der Befugnisse, Unabhängigkeit, Ressourcen, Zugänglichkeit und auch der Wirksamkeit zwischen den nationalen Stellen gibt. Zwar gab es 2018 seitens der Kommission unverbindliche Empfehlungen zu Standards der Gleichbehandlungsstellen, doch diese wurden nicht in allen Mitgliedsstaaten umgesetzt.
In einer Umfrage im Jahre 2019 gaben 59% der Europäer:innen an, dass Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft in ihrem Land noch verbreitet sei. Die Diskriminierung auf Grund der Hautfarbe (59 %), sexueller Orientierung (53 %) oder Religion (47 %) wurden ebenfalls als problematisch eingeschätzt.
Die neue Einigung der Verhandlungsführer:innen sieht eine verbindliche Stärkung der Rolle und Unabhängigkeit der Gleichbehandlungsstellen vor. Zu den wesentlichen Neuerungen gehören die erweiterten Zuständigkeiten und Befugnisse der Gleichbehandlungsstellen bei der Bekämpfung von Diskriminierung zum Beispiel auf Grund der Religion, einer Behinderung, des Alters oder des Geschlechts. Eine gesetzlich geregelte Unabhängigkeit für sie muss dabei immer gewährleistet sein. Sind die Gleichbehandlungsstellen beispielsweise (wie in Deutschland) organisatorisch an ein nationales Ministerium angedockt, muss anhand besonderer Vorschriften die unabhängige Wahrnehmung der Aufgaben gewährleistet werden. Hierzu zählen zum Beispiel von dem Ministerium losgelöste interne Strukturen, die Personalausstattung, eigenständige Finanzverwaltung oder Rechenschaftspflichten. In Deutschland beispielsweise ist die nationale Gleichbehandlungsstelle, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, organisatorisch dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zugeordnet.
Außerdem müssen Mitgliedsstaaten ausreichende personelle, technische und finanzielle Ressourcen bereitstellen. Künftig müssen öffentliche Einrichtungen die Gleichbehandlungsstellen bei Fragen im Zusammenhang von Diskriminierung und Gleichbehandlung einbeziehen.
Bevor die neue Vorschrift in Kraft tritt, müssen zunächst das Parlament und der Rat der Einigung förmlich zustimmen. Dies geschieht voraussichtlich noch vor der Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024. Im Anschluss haben die Mitgliedsstaaten 24 Monate Zeit, die neuen Regelungen in nationales Recht umzusetzen.
Autor:in: EuropaPunktBremen