Spanische Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023
Am 1. Juli 2023 hat Spanien von Schweden turnusgemäß für die folgenden sechs Monate die Ratspräsidentschaft für die Europäische Union (EU) übernommen. Spanien tritt seine Ratspräsidentschaft in schwierigen Zeiten an: Inflation, Energiekrise, Klimawandel und der immer noch andauernde Angriffskrieg in europäischer Nachbarschaft werden die Ratspräsidentschaft Spaniens stark beeinflussen. Spaniens Prioritäten lauten:
- Reindustrialisierung der EU,
- Kampf gegen Klimawandel,
- soziale Gerechtigkeit und
- Stärkung der europäischen Einheit.
Ganz oben auf der Liste steht die Reindustrialisierung, sie soll der EU dabei helfen ihre strategische Autonomie und Souveränität zu gewährleisten. Die spanische Regierung will Schlüsselindustrien vor allem im Bereich Gesundheit und Energie künftig wieder stärker in EU-Mitgliedstaaten ansiedeln, um zum Beispiel Knappheit an Arznei- und Schutzmitteln, wie in Corona-Zeiten, vorzubeugen. Er plädiert zugleich dafür, dass die EU ihre Führungsrolle in neuen Technologien und erneuerbaren Energien beibehalte.
Als zweite Priorität sieht Spanien den grünen Wandel. Die spanische Regierung will den Kampf gegen den Klimawandel weiterführen. Wenn dies gelingt, könnte die Abhängigkeit von Energien und kritischen Rohstoffen eingedämmt werden und somit zum Beispiel die Stromrechnungen stark senken.
Die soziale Gerechtigkeit möchte die spanische Regierung durch eine verbesserte Verteilung von Wohlstand fördern, denn die Gewinnmaximierung vieler Unternehmen geschieht auf Kosten von Ausbeutung anderer. Er fordert eine wettbewerbsfähigere aber vor allem eine fairere Wirtschaft.
Zuletzt die Stärkung der europäischen Einheit – diese sei nur durch den Zusammenhalt der EU und die Entwicklung neuer Instrumente erfüllbar. In diesem Sinne möchte sich der spanische Ratsvorsitz für die Vollendung der Bank- und Kapitalmarktunion und der Vertiefung des Binnenmarktes einsetzen. Zudem soll der Prozess hin zu einem gemeinsamen europäischen Asyl- und Migrationsverfahren weitergeführt werden.
Am 23. Juli 2023 fanden die vorgezogenen spanischen Parlamentswahlen statt. Diese hatten den Sieg der konservativen Partei Partido Popular (PP) zur Folge. Die Sozialistische Arbeiterpartei (Partido Socialista Obrero Español: kurz PSOE) von dem aktuellen Regierungschef Sánchez wurde zweitstärkste Kraft. Aktuell finden Gespräche über die neue Regierungsbildung statt. Ob eine eventuelle neue Regierung Auswirkungen auf die spanische Ratspräsidentschaft hat, bleibt ebenfalls abzuwarten.
Autorinnen: Tabea Sackmann und Jana Blohme (Europaabteilung Bremen)