Der EU-Gleichstellungsindex 2023 inmitten einer turbulenten Welt
Im Oktober 2023 hat das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) den aktuellen Gleichstellungsindex vorgelegt, der in diesem Jahr den Fokus insbesondere auf den sozial gerechten Übergang des europäischen Green Deals legt. Das fünfte Nachhaltigkeitsziel (SDG) „Geschlechtergleichheit“ der Agenda 2030 der Vereinten Nationen wurde in den vergangenen Jahren durch verschiedenste Krisen negativ beeinflusst. Beispielsweise verdeutlichte die COVID Pandemie die ungleiche Belastung der Geschlechter in Bezug auf Betreuungs- und Pflegeaufgaben in unserer Gesellschaft. Auch die Klimakrise trifft verschiedene Personengruppen in unterschiedlichem Maße, sodass mit dem Ziel eines klimaneutralen Kontinents auch die Schaffung von Gerechtigkeit für alle einhergehen muss.
Der Gleichstellungsindex des EIGE (auf Englisch aufrufbar) wird jährlich veröffentlich und gibt einen Überblick über die Entwicklungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb der Europäischen Union (EU). Dieser bildet den Durchschnitt der sechs gemessenen Teilbereiche ab. Hierunter fällt beispielsweise der Gesundheitsbereich, welcher sich aus den drei gesundheitsbezogenen Indikatoren „Gesundheitszustand“, „Gesundheitsverhalten“ und „Zugang zu Gesundheitsdiensten“ zusammensetzt.
Für die Bemessung des Gesundheitszustandes spielt die Lebenserwartung eine zentrale Rolle während für das Gesundheitsverhalten die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu gesundem Verhalten relevant sind. Der Zugang zu Gesundheitsdiensten wiederum wird durch den Anteil an ungedeckten medizinischen und/oder zahnärztlichen Bedarfen bemessen.
Die weiteren fünf Teilbereiche (Geld, Arbeit, Macht, Zeit, Wissen) haben ebenfalls entsprechende Kriterien, die für die Ermittlung berücksichtigt werden. Diese sind auf der Website zum Gleichstellungsindex des EIGE einsehbar.
Mit dem Anstieg des Index der Europäische Union (EU) um insgesamt 1,6 Punkte wurde in diesem Jahr erstmals die Marke der 70 Punkte geknackt – die sich sonst langsam schließendende Gleichstellungslücke scheint allmählich Fortschritte zu machen.
Die Situation bei den Mitgliedsstaaten fällt allerding sehr unterschiedlich aus. Während Schweden mit 82,2 Punkten auf dem ersten Platz liegt, belegt Rumänien mit 56,1 Punkten den letzten Platz in der EU. Deutschland liegt mit einem Index von 70,8 Punkten leicht über dem europäischen Durchschnitt und belegt den 11. Platz in dem Ranking. Im Vergleich zu 2010 ist der deutsche Gesamtindex um 8,2 Punkte gestiegen und ist auf die verzeichneten Fortschritte im Bereich „Macht“ um insgesamt 29,3 Punkte zurückzuführen. 2023 hat der Index im Bereich „Gesundheit“ mit 89,8 in Deutschland am besten abgeschnitten und im Bereich „Wissen“ mit 56,1 Punkten am schlechtesten.
Der zentrale Fokus in Deutschland liegt in dem Zusammenhang in der verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Pflege als Grundlage für eine gleichberechtigte Teilhabe im Berufsleben und in der Karriere. Doch auch die finanzielle Gleichstellung ist noch immer ein Thema in Deutschland mit Unterschieden bei den Bundesländern. Im Land Bremen lag 2022 die Gleichstellungslücke mit 20 Prozent höher als die auf Bundesebene (18 Prozent). Mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 19,94 Euro verdienen Frauen in Bremen mehr als fünf Euro weniger als die Männer, wobei die Beschäftigungsquote der Bremer Frauen mehr als 9 Prozentpunkte unter der Quote der Männer liegt. Die Zahlen zeigen, dass es auch in Bremen noch Handlungsbedarf gibt.
Die rechtlichen Grundlagen sind schon vor langer Zeit geschaffen worden, so ist die Gleichberechtigung von Frauen und Männern neben Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz auch in der Bremischen Landesverfassung verankert (vergleiche Artikel 2 Absatz 4 Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen). Auch in den Europäischen Verträgen ist der Grundsatz der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen von Anfang an, d.h. seit 1957, enthalten gewesen (heute Art. 157 AEUV).
Für die Umsetzung der Geschlechtergleichstellung gibt es im Land Bremen die Bremische Zentralstelle für Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) unter der Leitung von Bettina Wilhelm – der Landesbeauftragten für Frauen. Nähere Informationen sind auf der Website der ZGF zu finden.
Autor:in: Europaabteilung Bremen
Internetquellen:
Germany | Index | 2023 | Gender Equality Index | European Institute for Gender Equality (europa.eu)
Gleichstellungsindex: Deutschland belegt Platz 11 im europäischen Vergleich (europa.eu)
Gender Pay Gap 2022 – Statistisches Landesamt Bremen
Frauen-Maenner-Arbeitsmarkt.html (arbeitsagentur.de)
Publikationen – Senatskanzlei UNESCO-Welterbe Rathaus Bremen